Ich, Ernst Christian Herrmann…

…wurde am 20. März 1747 als erstes Kind des Konrektors Johann Christian Herrmann und der Christine Sophie Herrmann, geborene Schreiber, in Ohrdruf/Thüringen geboren. Nach glücklicher Kindheit, ging ich 1771 nach Berlin, der Residenzstadt Preußens, um hier in Staatsdienste zu treten. Nach gut dreijähriger Lehrzeit, wurde ich am 6. September 1774 zum Justiz Aktuarius ernannt und im Jahr 1766 bekam ich in der Gerichtsstube des Justizamtes Beeskow meine feste Anstellung. Leider bekam ich, da ich illiteratus [Nichtakademiker] bin, keine eigene Justizactuarienstelle. Meine jährliche Besoldung beträgt 200 Thaler und bekomme für Kopialien, das sind von mir angefertigte amtliche Abschriften, noch zusätzlich um 60 Thaler jährlich. Außerdem noch etwas für private Schreibereien. Also durchaus genug, um eine Familie zu ernähren.

Nun war es also Zeit, da ich immerhin schon 29 Jahre alt war, eine Familie zu gründen und heiratete am 20. Oktober 1776 in Beeskow, die Tochter des Schlossermeisters Johann Rothen, Eva Elisabeth Rothen aus Saarmund. Unser erster Sohn kam am 15. November 1777 zur Welt und wir nannten ihn Carl Gottlieb Friedrich. Unser zweiter, Christian Ernst am 25. März 1779 geboren, starb aber, 18 Monate alt, am 29. September 1780. Unser Dritter, Ernst Christian, kam am 28. November 1781 zur Welt. Am 9. Juni 1783 gebar mein liebes Weib einen toten Sohn. Am 5. August 1784 erblickte unser Sohn, Johann Ernst August, das Licht der Welt.

In den Jahren 1784-86 hatten alle Justizaktuare, erhebliche Gehaltsabzüge, die sehr bitter waren, da durch die hohen Lebenshaltungskosten uns das Leben sehr schwer wurde. Die nötigsten Nahrungsmittel trugen eine Steuerlast, die theilweise das 4-5 fache des natürlichen betrug. Desgleichen hoch versteuert waren Kaffe, Tabak und Wein. Allerdings konnte man die letzeren Sachen erheblich billiger im heimlichen bekommen, daher Schmugglerware. Steuervergehen wurden aber hoch bestraft. Nun starb am 17. August 1786 unser König Fridericus und sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II. hob die drückenden Steuerlasten zum Theil auf. Das Leben wurde erträglicher.

Am 2. August 1787 wurde unser Sohn, Gottfried Ernst geboren und 2 Jahre später, am 1. Juli 1789 unsere erste Tochter, Charlotte Karoline Wilhelmine, die aber nur ein halbes Jahr alt, am 1. Januar 1790 starb. Der nächste Schlag, den ich überwinden mußte, war der 31. Mai 1791. Mein liebes Weib gebar einen toten Sohn und konnte sich nicht mehr erholen und verstarb im neuen Tag, den 1. Juni 1791. Itzo stand ich mit 4 Kindern allein.

Im Jahr 1788 bekam ich 21 Thaler 10 Groschen, für die 1784/85 erlittenen Abzüge ersetzt und Anfang 1789, 22 Thaler 2 Groschen 1 1/7 Pfennig für die Abzüge 1785/86. Ein Thaler hat 24 Groschen, ein Groschen=12 Pfennige.

Um mir und meinen Kindern eine neue Häuslichkeit zu geben, heiratete ich nun am 7. Januar 1792 wieder hier im Ort, die Witwe Maria Sophia Müller, geborene Eiermann, Aber diese Ehe verlief unglücklich und wurde bald geschieden. Seit dem 20. April 1792. befinden sich Preußen und Österreich im Kriegszustand mit Frankreich und die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlimmerten sich wieder. 1793 bat ich in einem Brief, an den Kurmärkischen Departements Minister zu Berlin, Freiherr von Nosh, in Rücksicht auf meine Dienstzeit, meinem großen Geschäftskreis und meinen häuslichen Umständen, um eine Gehaltsverbesserung. Hierauf ist mir auf Grund meiner mühsamen Arbeit in dem weitläufigen Justizamte Beeskow, für dieses angefangene Etatsjahr 1793 ein Douceur von 50 Thalern aus der General Ämter Sportul Casse bewilligt worden. Man hat mich versichert, wenn es der Zustand dieser Casse erlaubt, in den nächsten Jahren mit den Douceurs fort zufahren. Ich bedankte mich schriftlich [Allgem. S. Justizaktuarien Fach 4 Nr. 17 Band 8, von 26. Juni 1793]. Schmerzlich empfand ich den Tod meines Sohnes Gottfried Ernst, am 6. Juli 1793. Ein Knabe im zarten Alter von 6 Jahren.

Auch im Jahre 1794 bekam ich eine Gratifikation von 50 Thalern. Am 5. April 1795 wurde zu Basel ein Sonderfrieden zwischen Preussen und Frankreich geschlossen.

Jetzt heiratete ich zum dritten mal, am 27. November 1797 in Soldin, die Charlotte Sophie Bentsch, geborene Petsch. Aber auch diese Ehe war nicht glücklich und so bemühte ich mich1801 um eine andere Justizactuarienstelle, um aus Beeskow, der Stadt, in der ich so viel Leid erfahren mußte, versetzt zu werden.

Ich fragte bei der Kurmärkischen Kammer an, ob ich eine Stelle in Storkow bekommen könnte, erhielt aber die Nachricht, daß alles besetzt sei. Man bot mir aber freie Stellen in Saarmund bei Potsdam, Salzwedel, Biesdorf usw. an, was ich aber ablehen mußte, da einestheils mein Alter, vorzüglich die Schwäche der Augen mich drückte, auch nicht, wie von einem jungen Manne erforderd wird, zu arbeiten im Stande war, ich auch nicht wußte, welche Gesinnungen der Justizbeamte von solcher Art gegen mich haben könnte, andertheils dieses neue Etablissement mir viel ansehnliche Kosten wegen der Entfernung verursacht hätte, wozu ich zu arm, da ich bey der damaligen Verfassung nicht die geringsten Nebenverdienste hatte, wie andere Justizbediente, ich auch wegen meiner 3 unglücklichen Heiraten und übrigen Unglücksfälle nichts sammlen und zurück legen konnte und mein jüngster unversorgter Sohn mir auch noch viel kostete. Also blieb ich wo ich war. Versicherte aber in einem Brief an die Kurmärkische Kammer:

So lange ein Blutstropfen in meinen Adern ist, indessen meinen Dienst nach wie vor treulich und fleißig, so wie es auch meine Schuldigkeit, vorstehen!

Der Königlich Preußische Justizactuarius der Ämter Beeskow, Storkow, Stahnsdorf und Biegen, Ernst Christian Herrmann (DI 3) starb am 11. Januar 1820 in Storkow am Schlag und war 72 Jahre 9 Monate und 22 Tage alt. Seie erste Frau starb nach 15-jähriger Ehe im Wochenbett, von seiner zweiten Frau wurde er geschieden und seine dritte Frau überlebte er um 9 Jahre.

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